Denifls Solofahrt in der Heimat


Denifls einsame Fahrt auf den Rettenbachferner wurde mit dem Bergkönig der Tour de Suisse belohnt. / Foto: Tour de Suisse Blumen für Oma Denifl und die Freundin. / Foto: Roman Stelzl

Der erste Blumenstrauß war für Oma Mathilde, die Freundin erhielt den zweiten. Eine salomonische Lösung, die Stefan Denifl nicht zuletzt deshalb überhaupt nicht schwerfiel, weil der Tiroler Rad-Profi nach seinem Husarenritt auf den Rettenbachferner ja einiges zu verschenken hatte. Konkret: Zunächst war Denifl nach der fünften Etappe der Tour de Suisse als aktivster Fahrer ausgezeichnet worden, den zweiten Blumenstrauß hatte er für die erfolgreiche Verteidigung des Bergtrikots der Tour de Suisse erhalten.

Doch der Reihe nach, denn zum Verteilen von Geschenken war der 27-jährige Fulpmer erst im Ziel aufgelegt. Davor hatte niemand etwas umsonst erhalten, schon gar nicht die Konkurrenz, die auf dem 237,2 Kilometer langen Teilstück – der längsten Tour-de-Suisse-Etappe seit 1995 – lange Zeit nur dank Funkdurchsage wusste, wo Denifl gerade war. Nach dem Start in der Unterterzen war der IAM-Fahrer mit Teamkollege Matthias Brändle losgefahren, fuhr einen Vorsprung von fast zehn Minuten auf das Feld heraus und entschied die erste schwierige Bergwertung auf der Bielerhöhe für sich. Danach, so der ursprüngliche Plan, würde ohnehin das Feld aufschließen.

Irren ist menschlich, denn da kam einfach niemand, und so fuhr Denifl Kilometer um Kilometer dem zähen, 13 Kilometer und rund 1.300 Höhenmeter langen Königsstück der heurigen Tour de Suisse entgegen. Einer nach dem anderen aus der zwischenzeitlich aufgebauten Spitzengruppe fiel zurück – ehe etwa elf Kilometer vor dem Ziel nur mehr einer da war: Stefan Denifl. Und der rackerte und rackerte alleine, ohne Hilfe, dem höchsten Ziel der Tour-de-Suisse-Geschichte entgegen, während sein Vorsprung von anfangs fünf Minuten langsam wie in einer Sanduhr dahinrieselte. Erst wenige Meter vor der Bergwertung wurde Denifl vom späteren Sieger Thibault Pinault aus Frankreich eingeholt, schnappte sich aber dennoch Rang zwei und ergatterte im Etappenziel schließlich den neunten Platz. Damit waren ihm das Bergtrikot und einer seiner größten Erfolge kaum mehr zu nehmen.